Programmieren mit Kindern: 10 spannende Werkzeuge für die Grundschule
Tüfteln und Programmieren macht in jedem Alter Spaß! Die Altersempfehlungen können aber verwirren, wenn euch die Erfahrung mit digitalen Lernwerkzeugen fehlt und euch das Werkzeug oder die Anwendung obendrein unbekannt ist. Bei der Arbeit mit GrundschülerInnen ist es besonders wichtig einen spannenden und spielerischen Einstieg in das Thema Programmieren zu ermöglichen, der Spaß bringt und Neugier weckt.
Selbst für SchulanfängerInnen gibt es mittlerweile eine breite Palette an analogen, digitalen und kombinierten Angeboten. Das Spektrum reicht dabei von kostenfreien Anwendungen wie dem Klassiker Scratch bis zum kostenpflichtigen Turing Tumble, der an eine Murmelbahn erinnert und mit dem eure SchülerInnen Programmieren mechanisch lernen können. Um euch auf der Suche nach geeigneten lernunterstützenden Werkzeugen zu helfen haben wir in diesem Artikel 10 Tools zusammengestellt, die euren Grundschulunterricht bereichern.
Programmieren ohne Strom (4+)
Programmieren ohne Strom - Wie soll das gehen? Um Programmieren zu lernen, müssen Kinder vor allem die Konzepte dahinter verstehen und dafür benötigen eure SchülerInnen nicht zwangsläufig einen Computer oder Tablets. In den letzten Jahren wurden viele verschiedene Brettspiele, vorallem im englischsprachigen Raum entwickelt, die informatische Grundprinzipien ganz analog und spielerisch vermitteln.
Algoracing ist so ein Spiel, bei dem eine Spielfigur mittels Befehls-Karten so bewegt (programmiert) werden muss, dass sie auf einem fremden Planeten einen spezifischen Weg fährt. Das Ziel ist es, Proben aufzusammeln und ins Labor für die Analyse zu bringen. Deine SchülerInnen schulen durch das Spiel ihr räumliches Vorstellungsvermögen und Schritt für Schritt Abfolgen (Algorithmen), mit der auch Computer funktionieren. Die Spielanleitung gibt es auch in deutsch herunterzuladen.
Ähnliche Spiele und Ideen für die ersten Schritte beim Programmieren findet ihr auf der Internetseite von bildung digital. Binärzahlen, Sortiermaschinen und Bewegungssteuerungs-Kommandos lassen sich nämlich prima mit analogen Mitteln in der Klasse umsetzen.
Ich lerne programmieren (5+)
Mit Ich lerne programmieren bekommen deine SchülerInnen einen Koffer in die Hand. Darin entdecken sie 20 Karten in drei Schwierigkeitsstufen auf denen sie einen kleinen Affen zu seinen Bananen führen sollen. Den Weg des Affen bestimmen die Kinder mit Hilfe von Blöcken, auf denen verschiedene Befehle als Symbole dargestellt sind. Die Blöcke werden als Programmsequenz auf der jeweiligen Aufgabenkarte physisch gesteckt. Die richtige Reihenfolge der Befehle können deine SchülerInnen dabei mit Hilfe von vorgestanzten Löchern selbst kontrollieren. Ich lerne programmieren ist eine tolle Möglichkeit, wenn ihr einen rein analogen Einstieg ohne Computer, Tablets und W-Lan ins Thema Programmieren sucht. Empfohlen wird der Programmierkoffer für Kinder ab 5 Jahren. Leider wurde die Produktion des Spiels eingestellt und ihr könnt ihn nur noch aus zweiter Hand ergattern.
Turing Tumble (8+)
Habt ihr schon mal von Computern mit Murmelantrieb gehört? Nein? Genau das könnt ihr mit euren SchülerInnen und dem Turing Tumble bauen. Mit dem Turing Tumble entdecken eure SchülerInnen die Logik von Computern, die sich normalerweise in winzigen Chips versteckt. Das vielfältig preisgekrönte Lernwerkzeug kommt völlig ohne Strom, Computer und Internetverbindung aus und funktioniert komplett mechanisch. Das Standard-Set beinhaltet 60 Rätsel, die in Form einer Comicgeschichte um eine Raumfahrtingenieurin beiliegen. Empfohlen wird der Turing Tumble ab 8 Jahren. Für Pädagogen gibt es Online-Leitfäden und einen Blog, um den Einstieg in die Unterrichtsarbeit mit dem cleveren Murmelbahn-Computer zu erleichtern. Außerdem gibt es einen kostenfreien Online-Simulator, den ihr ausprobieren könnt, wenn euch der Turing Tumble interessiert. Auf der Website von Turing Tumble gibt es auch Klassensätze mit verschiedenen Mengen zu kaufen.
OSMO Jam (5+)
Das Lernwerkzeug Osmo Jam kombiniert analoge Programmierblöcke mit einer digitalen App und richtet sich an SchülerInnen im Alter von 5 bis 10 Jahren. Das Besondere an der Osmo Jam App (iOS/Amazon Fire) ist, dass sie durch den mitgelieferten "Reflektor" die 31 analogen Programmierblöcke vor dem Tablet erkennt und darauf reagiert. Zum Osmo Jam Coding Starter Kit gehören neben dem Reflektor, einer Halterung für das Tablet und den Programmierblöcken in einer Aufbewahrungsbox drei Apps mit aufeinander aufbauenden Schwierigkeitsstufen:
- Coding Awbie (Grundkonzepte)
- Coding Jam ( Mittlere Stufe)
- Coding Duo (Fortgeschrittene)
Eure Schülerinnen und Schüler entdecken die Grundlagen des Programmierens mit Hilfe von spannenden Rätseln, die in Geschichten eingebettet und farbenfroh gestaltet sind. Die Komposition von eigenen Musikstücken ist mit der App Coding Jam möglich und bietet interaktives MINKT-Lernen. Die App Coding Duo legt den Fokus auf strategisches Programmieren im Team. Zwei ProgrammiererInnen können jeweils eine Spielfigur programmieren und so gemeinsam Rätsel lösen.
Scratch (8+)
Wer Kinder an das Programmieren heranführen will, kommt an Scratch nicht vorbei. Die visuelle Programmiersprache wurde speziell für einen spielerischen Einstieg in die Welt der Programmierung am MIT Media Lab entwickelt. Die berühmte Lifelong Kindergarten Group um Professor Mitchel Resnick hat Scratch erstmals 2007 veröffentlicht und seitdem ständig weiterentwickelt. Scratch ist kostenfrei und basiert auf der Idee der Remixkultur. Alle BenutzerInnen können bestehende Inhalte auf der Scratch Online Community für eigene Projekte verwenden (remixen).
Scratch funktioniert im Internetbrowser sowohl auf Desktop Computern als auch auf Tablets und Smartphones. Scratch ermöglicht einfache Projekte für EinsteigerInnen ab 8 Jahren, genauso wie hochkomplexe Anwendungen für Fortgeschrittene. Egal ob Spiel, Quiz, Musik oder erzählte Geschichte - die Möglichkeiten von Scratch erlauben den fächerübergreifenden Einsatz und bieten allen SuS ein motivierendes Lernerlebnis mit viel Spaß.
Wenn ihr noch Ideen zur konkreten Anwendung im Unterricht sucht, empfehlen wir euch unsere Unterrichtsmaterialien zu Scratch.
code.org (4+)
Weltweit verwenden über 10 Millionen SchülerInnen und über eine Millionen LehrerInnen code.org. Die gemeinnützige Organisation hat eines der umfangreichsten Kursangebote, wenn es um den Einstieg ins Programmieren geht. Ihr Ziel ist es, dass jedes Kind den kostenfreien Zugang zu Informatikbildung hat.
Die verschiedenen Kurse, für die lediglich ein moderner Internetbrowser benötigt wird, bedienen sich teilweise bekannter Comic-Charaktere wie den Angry Birds, Anna und Elsa aus "Die Eiskönigin" oder verschiedenen Minecraft-Avataren und sind für Leseanfänger ab 4 Jahren bis hin zur Sekundarstufe 2 (+18J.) geeignet. Mittels visueller Programmblöcke werden Informatikkonzepte wie Algorithmen, Schleifen, Bedingungen und Funktionen spielerisch vermittelt. Neben Online-Kursen gibt es auch Offline-Kurse mit umfangreichen Materialien für SchülerInnen, Eltern und LehrerInnen.
Lightbot (5+)
Die preisgünstige App Lightbot ist speziell für ProgrammieranfängerInnen ab 5 Jahren entwickelt und ist neben deutsch in 27 weiteren Sprachen erhältlich. Beim Lösen von kleinen Rätseln lernen eure Schülerinnen und Schüler auch hier Grundprinzipien des Programmierens wie Algorithmen, Schleifen und Funktionen kennen. Innerhalb der App (iOS, Android, Amazon) gibt es drei Schwierigkeitsstufen:
- Basis (8 Level)
- Funktionen (6 Level)
- Schleifen (6 Level)
Ozobot bit 2.0 (6+) & evo (9+)
Die Ozobots sind kleine, autonom fahrende Roboter, die nicht größer als eine Praline sind. Mit dem Einsteiger Modell Ozobot Bit 2.0 können junge EntdeckerInnen ab dem Vorschulalter und Grundschüler von der 3. bis 6. Klasse spielerisch in die Welt des Programmierens eintauchen. Das besondere des kleinen Roboters ist, dass er mithilfe von Fasermalern und Papier gesteuert wird. Die Kodierung durch Linien und Farbcodes geschieht also völlig analog und braucht bis auf den Roboter selbst keine zusätzliche elektronische Hardware oder Internetverbindung. Diese intuitive Art der Programmierung macht den Ozobot ideal für spielerisches und forschendes Lernen.
Mit der eigenen Programmierumgebung Ozoblockly (iOS, Android, PC, Mac), die auf Java Script basiert, können die Roboter auch ohne Stift und Farbcodes programmiert werden. Ozoblockly hat fünf Schwierigkeitsstufen, wobei die niedrigste auf Symbolen basiert und kein Lesekompetenz erfordert. Der Editor ist in 10 Sprachen (EN, PRC, CZ, NL, F, JPN, JPN KANA, KOR, POL, RUS) verfügbar. Deutsch ist aktuell leider noch nicht dabei. (Stand 05/21) Dennoch gibt es kostenfreie Unterrichtslektionen in deutscher Sprache für den Ozobot Bit 2.0 und den komplexeren Ozobot evo.
Den Ozobot gibt es einzeln oder in verschiedenen Klassensätzen zu kaufen. Außerdem bietet die Klassenzimmer Software Ozobot Classroom die Möglichkeit für Lehrkräfte, den Arbeitsfortschritt der selbstständig arbeitenden SchülerInnen zu kontrollieren. Die englischsprachige Ozobot Classroom Oberfläche ist kostenfrei und bietet ein breites Angebot an Klassenorganisationsfunktionen und Unterrichtslektionen.
Lego Education SPIKE Sets (6+)
LEGO Education setzt auf die Kombination von analogen Legosteinen und digitalen Programmierblöcken und bietet eine spielerische Einführung in MINT-Themen von der Kita über Grundschulen bis zur weiterführenden Schule. In stapelbaren Boxen, die sowohl mit und ohne Elektronik zu haben sind, finden eure Schülerinnen und Schüler intelligente Hardware, Zahnräder, Federn und diverse Legobausteine. Die Unterrichtseinheiten mit Anleitungen und Programmierumgebung sind in der Lego Education Spike App gebündelt. (Mac, PC, Chromebook, iOS & Android)
Die Sets sind in der Schwierigkeit ansteigend und bieten so eine spielerische Lernreise von der Kita bis zur Oberstufe. Auf der Lego Education Website gibt es Vorbereitungsmaterialien und an Lehrpläne angepasste Unterrichtsmaterialien für den Sachunterricht, Mathematik und weitere Fächer.
Calliope mini (8+)
In der griechischen Mythologie war Kalliope eine der Töchter von Zeus. Sie gilt als die Schutzpatronin der Wissenschaft, der Philosophie und der Dichtkunst. Die auch als "Tabletmuse" bekannte Frau ist Namenspatin für den Einplatinen-Computer, der speziell für den Einsatz an Grundschulen entwickelt wurde.
Der Calliope mini macht Technik erlebbar und bietet SchülerInnen ab der 3. Klasse ein haptisches Programmier-Erlebnis. Mit einer Vielzahl an Sensoren und Aktoren an Bord können mit dem Calliope mini abwechslungsreiche und spannende Programmierprojekte in unterschiedlichen thematischen Kontexten realisiert werden (z.B. Stoppuhr als digitale Erweiterung des Sportunterrichts, Feuchtigkeitsmesser in Biologie). Eine große Online Community mit vielen Beispielprojekten und Anregungen ist ebenfalls vorhanden. Über Calliope direkt kann der Mikrocomputer auch als Klassensatz bestellt werden. Programmiert wird entweder mit makecode oder mit dem NEPO Editor im Browser oder direkt auf dem Tablet mit der kostenfreien Calliope mini App (iOS & Android) Bei der mobilen Verwendung werden die eigenen Programme mittels Bluetooth übertragen.
Auch wir haben schon einige tolle Projekte mit dem Calliope Mini umgesetzt. Hier findet ihr die Unterrichtsmaterialien zu Stoppuhr, Würfel, Heißem Draht und mehr.
Programmieren lernen können auch schon die kleinsten Schülerinnen und Schüler und zwar ganz spielerisch und ohne technische Hürden. Wir hoffen, wir konnten euch mit diesem Artikel neugierig machen und inspirieren. Die Einführung in die Grundprinzipien der Informatik kann ganz analog und zum Beispiel mit Stiften, Papier und jeder Menge Spaß beginnen. Wir freuen uns, wenn ihr einige der vorgeschlagenen Anwendungen ausprobiert und eure Erfahrungen mit uns teilt!
Als studierter Medienwissenschaftler interessiert sich Tom dafür, wie analoge und digitale Medien unser Leben beeinflussen. Bei App Camps entwickelt Tom Unterrichtsunterlagen und ist als Trainer aktiv.