Code Week in der Schule: eine Lehrerin berichtet

Renate Lehner, Stellvertretende Schulleiterin der Wirtschaftsschule Seligenthal, hat mit ihren SchülerInnen im Rahmen der Code Week in der Schule verschiedene Angebote rund um das Thema Programmierung und Informatik bearbeitet.

Das finden wir super und haben ihr deshalb im Anschluss einige Fragen gestellt:

Welche Angebote gab es und mit welchen Altersgruppen und Klassenstufen wurde gearbeitet?

Mit welchen Materialien haben die Schüler/innen gearbeitet?

Viel mit den Lernkarten von “App Camps”!

An welchen Aufgaben und Lerneinheiten hatten die Schüler/innen besonders viel Spaß?

Definitiv mit KI und Scratch. Schon beim Zeichnen des Charakters habe ich fast alle SchülerInnen “begeistern” können. Aufgrund des Zeitmanagements wurde von mir eine vereinfachte “Gesichts-Version” schon vorab kreiert, die dann relativ schnell für alle machbar war. Zu Hause sollten die Schüler dann eigene Charakter zeichnen. Viel Spaß hat allen die Umsetzung der Lernkarten gemacht. Wir haben auch “zwischengespeichert” und die Lektion in einer weiteren Unterrichtsstunde fortgeführt.


Die App-Entwicklung stellte sich ebenfalls als “Hit” heraus. Den Teilnehmern wurden über das “Zugriffslaufwerk all” die mp4-Dateien bzw. die Bilddateien (Katze und Hund) zur Verfügung gestellt. Relativ schnell bewältigten die Teams (sie arbeiteten teilweise in Zweiergruppen, da ich mit Klassengrößen 28/30 Schülern im PC-Raum gearbeitet habe) die Aufgaben der Lernkarten in Eigenregie. Manche Inhalte wurden dann via Beamer ergänzend erklärt.


Die EV3-Lego-Roboter, von denen wir selbst vier Bausätze angeschafft haben, weckten viel Interesse. Dieser Kurs wird auch im Schuljahr weitergeführt.
Sinn und Zweck aller Events war es, die SchülerInnen über den Tellerrand hinausblicken zu lassen und “Lust auf mehr” zu machen. In der Schule wurde dafür der “Startschuss” gelegt. Folgeaktivitäten führten interessierte Schüler dann zu Hause weiter bzw. entwickelten eigene Ideen. Beim App-Inventor haben wir mit Codes gearbeitet, damit datenschutzrechtlich keine persönlichen Angaben gemacht werden mussten. Die Wiedereingabe des Codes hat super funktioniert.

Haben Sie das Gefühl, dass das Interesse der Schüler*innen an Programmierung und Informatik durch solche Angebote geweckt oder sogar gesteigert wird?

Aber sicher! Im Lehrplan der Wirtschaftsschule (in Bayern den beruflichen Schulen zugehörig) gibt es leider explizit das Fach “Informatik” nicht. Ich unterrichte u. a. “Mensch und Umwelt” – ein “Multi-Kulti-Fach”, so nenne ich es. Der Lehrplan vereint hier Biologie, Chemie, Physik, IT, Umweltthemen wie Bionik oder Ökosysteme, Nachhaltigkeit sowie Gesundheitsvorsorge und zwischenmenschliche Beziehungen. Eine große Herausforderung für mich als Lehrkraft, der ich mich aber immer wieder von Neuem gerne stelle.

Ich habe als Fachlehrerin für IT selbst zuvor zwei IHK-Berufsausbildungen genossen und über die BOS Hochschulzugang erlangt. Dabei war immer wichtig, neugierig für fachfremdes Wissen zu sein und zu bleiben. Im Alltag begegnet uns “Informatik” tagtäglich und das nicht erst seit Einführung der Digitalisierung.

Viele Vorbilder für unsere SchülerInnen werden benötigt. Auch wenn ich – Baujahr 1962 – schon dem älteren Lehrkörper angehöre, versuche ich meinen Schülern “Neugierde” zu vermitteln, auch wenn sich für den einen oder die andere herausstellen sollte, dass Informatik nicht zum “Traumberuf” wird. Meine Erfahrung  ist aber, dass erst mit “Ausprobieren” und “Schnuppern” in die Welt der Informatik auch die Lust darauf entsteht, mehr zu machen bzw. Berufswünsche in diesem Bereich zu haben.

Wie groß ist das Interesse Ihrer SchülerInnen generell an dem Thema Informatik?

Interesse ist grundsätzlich bei vielen Schülern da – unabhängig von Geschlecht und Alter. Man müsste ihnen mehr Möglichkeiten bieten – das ist im Schulalltag unserer Schulform leider nicht machbar – sich auszuprobieren. Wir haben glücklicherweise das Pflichtpraktikum einführen können. In der 8. und 9. Jahrgangsstufe sowie der Eingangsklasse der zweistufigen WS gehen die SchülerInnen eine Woche in die Betriebe. Der Praktikumsbetrieb wird von den Schülern vorab – mit offizieller Bewerbung – selbst ausgewählt. Die Lehrer der Klasse besuchen den Schüler im Betrieb und erkundigen sich im Gespräch mit Ausbildungsleitern über Fortschritt und Eignung des Praktikanten. Hier wird bereits “Vorarbeit” geleistet. Eine Win-Win-Situation für den Schüler und den potentiellen Ausbildungsbetrieb. Technische Berufe werden ebenso von Mädels gewählt wie von Jungs.

Interessieren sich sowohl Mädchen als auch Jungs für die Thematiken?

Siehe Schlusssatz zu 5) Gerade Mädchen entwickeln bei Events wie der Code Week Kreativität und halten teilweise auch “besser durch”. D. h. Problemlösung – “computational thinking” sowie strukturiertes Vorgehen bei der Problemlösung gelingt ihnen oft besser. Jungs wollen sofort “ran” und “machen” – vergleichbar damals beim Bau eines Bürstenroboters, bei der zunächst die Anleitung für den korrekten Zusammenbau genau gelesen werden musste und die vielen Einzelteile nacheinander zuzuordnen waren. Bei den Jungs blieb dann oft ein relevantes Teil übrig. Folge: Der Roboter funktionierte nicht …

Gibt es Themen, zu denen Sie bzw. die Lehrkräfte und Schüler sich noch Unterrichtsmaterialien wünschen würden und wenn ja, welche?

Wie bereits schon an anderer Stelle ausgesprochen: ein großes Lob an das gesamte Team von App Camps! Diese Plattform – ebenso wie die Fortbildungsplattform “Fobizz” für Lehrkräfte“ – erleichtert den Einstieg ungemein. Ein gewisses “Faible” für die Thematik sollte die Lehrkraft schon mitbringen. Die Schüler merken ganz schnell, ob einen das Thema selbst anspricht!

Die Palette der Materialien ist enorm breit gefächert. Die Medienkompetenz (ich bin seit 2009 Nutzer bzw. Vermittler des Medienführerschein Bayerns an unserer WS) der Schüler – und auch der Lehrer – muss stets gefördert und weiterentwickelt werden (in Form von Wiederholungen und Einsatz von Medien in allen Jahrgangsstufen). Obwohl ich viel “digital” unterrichte bin ich ebenso Anhänger “herkömmlicher” Lernzielkontrollen bzw. Dokumentationen in Form von Plakaterstellung oder “handwerklicher” Wissenssicherung. Hier entdeckt man oft Talente, die unbedingt gefördert werden sollten. Es muss nicht immer eine PP-Präsentation oder ein Adobe-Spark-Post oder Adobe-Spark-Video sein (obwohl die Schüler hier sehr viel Kreativität entwickeln können).

Falls es sonst noch etwas gibt, das Sie gerne ergänzen wollen, dann ist hier Platz:

Es müssen vielfältige Anreize geschaffen werden, die Schüler für das Programmieren bzw. Coden zu begeistern. Als Schule in privater Trägerschaft (Stiftung) bin ich auf Spenden oder Unterstützer angewiesen, wenn ich nicht alle Kosten auf meine Schülerschaft umwälzen will. Ich trage u. a. als stellvertretende Schulleiterin natürlich dafür auch gewisse Verantwortung. Gerne hätte ich für unsere Schule einen humanoiden Roboter “Nao”, der Anreiz für alle bietet, ihn programmieren zu wollen. Ich bin mir sicher, dass ich damit über die Hälfte meiner Schüler fürs “Coden” begeistern könnte!

Ergänzend an euer Team: Macht weiter so!

Vielen Dank an Renate Lehner für ihren tollen Bericht. Wir finden es großartig, dass unsere Materialien Anklang gefunden haben und Lehrkräfte sowie SchülerInnen so motiviert dabei waren. Alles Gute und noch viele weitere spannende Erfahrungen in der Programmierwelt wünschen wir der Wirtschaftsschule Seligenthal!

Portrait Diana Knodel

Dr. Diana Knodel hat Informatik mit Schwerpunkt Psychologie studiert und in verschiedenen Rollen im IT Bereich gearbeitet. Ihre Begeisterung für Informatik will sie weitergeben. Darum hat sie 2014 mit Philipp die gemeinnützige Organisation App Camps gegründet.